NTI

Das Neue Testament in der Interpretation des Heiligen Geistes – NTI

Was ist das Neue Testament?

Bevor wir uns mit der Interpretation beschäftigen, sollten wir uns in Erinnerung rufen, mit was wir es mit dem Neuen Testament zu tun haben.

Die ältesten Textbestandteile sind die Paulinischen Briefe. Saulus von Tarsus, der spätere Paulus, war jüdischen Glaubens und ein religiöser Eiferer. Er war an der Verfolgung der ersten Christen und an der Ermordung des Jüngers Stephanus beteiligt (Apg. 8,1). Auf dem Weg nach Damaskus hatte er eine Christus-Erscheinung (Apg. 9,3) und infolge dessen die Seite und den Namen gewechselt. Als wahrscheinlich guter Kenner der alten Schriften – des alten Testaments aus der Bibel – machte er die Assoziation, dass der am Kreuz verstorbene und danach von den Toten auferstandene Jesus von Nazareth der von den Juden erwartete Messias war. Vor Paulus war diese Deutung höchstwahrscheinlich nicht im Umlauf, wie wir noch sehen werden. Doch durch sein großes Talent als Redner auf seinen vielen Reisen und als Briefschreiber verbreitete sich seine Sichtweise und setzte sich durch.

Zwanzig bis sechzig Jahre nach den Paulinischen Briefen wurden die Evangelien mit den größtenteils erfundenen Lebensgeschichten Jesu, getreu ausgerichtet auf die Paulinische Theologie, verfasst. Das im Entstehen begriffene Christentum wurde schnell zum Spielball von kirchenpolitischen Machtinteressen. Der frühchristliche Theologe Origenes beispielsweise wurde in den Wirren durch die politische Vereinnahmung zerrieben und erlitt den Märtyrertod.

Zur Zeit von Kaiser Konstantin hatte sich das Christentum zur beliebtesten Religion im Römischen Reich entwickelt. Konstantin, einzig am Erhalt und an der Ausdehnung seiner Macht interessiert, bestimmte unter Mitarbeit seiner Untergebenen das Christentum zur Staatsreligion in der Version, wie sie ihm am meisten diente. Er legt fest, was und in welcher Form Einzug in die heilige Schrift der Bibel fand. Alle anderen Versionen und alle Quellen wurden vernichtet. Abweichungen von der offiziellen Lehre wurden als Ketzerei bezeichnet und mit der Todesstrafe geahndet. Die Machthaber von damals hatten sich ihren christlichen Gott nach ihrem eigenen Ebenbild erschaffen. Die Folge ist ein Gottesbild voller Widersprüche.

Eine Wirkung davon erleben wir bis zum heutigen Tag. Aus dem Neuen Testament geht ein starker Machtanspruch hervor, der über rein spirituelle Aspekte hinausgeht und von den Trägern dieser Macht in vielfacher Weise missbraucht wurde, wie die unzähligen Missbrauchsvorfälle in den verschiedenen Konfessionen des Christentums zeigen.

Das Neue Testament ist Paulinische Theologie und unterscheidet sich stark von der ursprünglichen Lehre, die sich im wesentlichen auf reine Wortevangelien ohne Lebensgeschichte von Jesus abzustützen schien. Die drei Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas scheinen sich auf eine gemeinsame Quelle zu beziehen und dieses sogenannte Q-Evangelium könnte ein solches Wortevangelium gewesen sein. Ein weiteres Wortevangelium wurde 1945 in der Ägyptischen Wüste als Teil der Nag Hammadi Bibliothek ausgegraben: Thomas.

Das Verbindungsglied

Die Sprache von Jesus und seiner Jünger war das Aramäische. Das ausgegrabene Thomas-Evangelium ist in koptischer Sprache verfasst und dürfte vom aramäischen Originaltext durch mehrmaliges Übersetzen und Abändern stark abweichen. Insbesondere finden sich eklatante Widersprüche, die in einer Lehre, die sich auf die Wahrheit bezieht und zu ihr hinführen soll, nicht zu erwarten wären. Als Beispiel soll auf den Kontrast zwischen den beiden folgenden Versen hingewiesen werden:

(22) …Jesus sprach zu ihnen: "Wenn ihr die zwei zu eins macht und wenn ihr das Innere wie das Äußere macht und das Äußere wie das Innere und das Obere wie das Untere und wenn ihr das Männliche und das Weibliche zu einem einzigen macht, so dass das Männliche nicht männlich und das Weibliche nicht weiblich ist … dann werdet ihr in das Königreich eingehen."

(114) Simon Petrus sprach zu ihnen: Maria soll aus unserer Mitte fortgehen, denn die Frauen sind des Lebens nicht würdig. Jesus sprach: Seht, ich werde sie führen, um sie männlich zu machen, damit auch sie ein lebendiger Geist wird, vergleichbar mit euch Männern. Denn jede Frau, die sich männlich macht, wird in das Himmelreich gelangen.

Vers 22 beschreibt die Transformation von der Zweiheit (Dualität) von gut und böse, richtig und falsch, oben und unten, männlich und weiblich etc. zum geistigen Einssein des Himmelreichs (reine Nichtdualität). Dies widerspiegelt den spirituellen Weg von unserer konkreten Alltagserfahrung hin zur geistigen Abstraktion der reinen Nichtdualität Gottes. Im Kontrast dazu verweist Vers 114 auf die Minderwertigkeit der Frau gegenüber dem Mann am spezifischen Beispiel der Maria Magdalena. Dies hat nichts mit Spiritualität zu tun, denn nicht einmal in den zehn Geboten wird ein solcher Unterschied erwähnt. Auch "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" macht keinen Unterschied. Es ist vielmehr Ausdruck der damaligen patriarchalen Gesellschaftsstruktur und findet seinen Niederschlag auch in der göttlichen Ordnung in 1. Kor. 11,3. Vers 114 ist unzweifelhaft eine später hinzugefügte Ergänzung und das Motiv dürfte der Neid und die Missgunst der männlichen Jünger über die Stellung von Maria Magdalena innerhalb der Glaubensgemeinschaft gewesen sein.

Es finden sich zahlreiche Auslegungen und Einordnungen zum Thomas-Evangelium und hier soll keine weitere hinzugefügt werden, sondern am Beispiel eines weiteren Verses die Brücke zu NTI geschlagen werden.

(113) Seine Jünger sprachen zu ihm: "Das Königreich, wann wird es kommen?" Jesus sprach: "Es wird nicht kommen, wenn es erwartet wird. Man wird nicht sagen: Seht, hier, oder seht, dort. Sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht."

Eine vergleichbare Aussage findet sich im Höhlengleichnis von Platon: In einem Dialog mit Platons Bruder Glaukon vergleicht Sokrates Unwissende mit Menschen, die in einer unterirdischen höhlenartigen Wohnung leben und von Kindheit an gefesselt an Hals und Schenkeln sind, so dass sie immer auf demselben Fleck bleiben und wegen der Fessel den Kopf nicht herumdrehen können. Alles, was sie erblicken, sind Schatten eines Geschehens hinter ihnen, die ein entferntes Licht auf die Höhlenwand vor ihnen wirft. Da sie zeitlebens keine andere Erfahrung gemacht haben, halten sie die Schatten für die Wirklichkeit. Wenn nun einer entfesselt und ans Licht außerhalb der Höhle geführt würde, widerstrebte ihm erst einmal die gewohnte Wirklichkeit zu verlassen. Er bräuchte Zeit für die Gewöhnung ans Licht und um zu lernen, dass die Schatten an der Höhlenwand nicht der Wirklichkeit entsprechen. Wenn er die Welt außerhalb der Höhle verstanden hätte, dann wieder zu den anderen in die Höhle hinabsteigen und ihnen erklären würde, woher die Schatten kämen, würden sie ihn für einen Schwindler halten und sich darin bestärkt fühlen, dass es sich nicht lohne, sich entfesseln zu lassen und die gewohnte Umgebung zu verlassen.

Beide, Platon wie Jesus, berichten davon, dass die Welt, wie wir sie sehen, nicht die Wirklichkeit des Lichts ist, sondern bestenfalls ein Abglanz davon, und dass das Königreich oder die Welt des Lichts jenseits davon ist. NTI ist einer von vielen Wegen, die vom Schattenreich zur Wirklichkeit des Lichts führen und Widersprüche, die wir im Neuen Testament finden, auflösen.

Die Interpretation

Das Ziel der Lehre und der Praxis von NTI ist der Friede Gottes, der allen Verstand überragt (Phil. 4,7). Wenn der Friede total ist, ist alle Dunkelheit vergangen. Es verbleibt das Licht Gottes, Erleuchtung.

Um dahin zu gelangen, müssen wir uns damit beschäftigen, was in unserem Geist abläuft. Spätestens seit Freud und Jung wissen wir, dass der menschliche Geist mehr ist als unser Bewusstsein. Unser Geist ist eher vergleichbar mit einem Eisberg: 10% sind bewusst und 90% unbewusst. Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Haus, sondern stark von dem bestimmt, was im Unbewussten vorgeht. Und weil wir so stark vom Unbewussten bestimmt sind, müssen wir lernen, mit was wir es zu tun haben. Ein wiederkehrendes Gefühl der Unwürdigkeit, der Wertlosigkeit oder der Minderwertigkeit mag tief im Unbewussten verwurzelt zu sein scheinen. Und es ist unbewusste Angst, die uns dazu verleitet, uns an unsere Fesseln zu klammern. Mit Seiner Interpretation führt uns der Heilige Geist sanft an die Erforschung und das Auflösen des Unbewussten heran.

Unser Geist scheint gespalten zu sein zwischen dem Ego-Geist und dem Heiligen Geist. Wenn wir mit uns und der Welt in Frieden sind, erfahren wir unseren Heiligen Geist, und wenn wir in Aufruhr sind, unsicher, ärgerlich, ängstlich, urteilend etc. erfahren wir unser Ego. Das Ego ist unser innerer Widerstand und der Widersacher Gottes. Gott oder Ego, die beiden schließen sich gegenseitig aus. Um Gott zu erkennen, müssen wir unser Ego aufgeben. Der «denkende Geist» wird in NTI oft als Synonym für das Ego verwendet. Die Lösung liegt somit unter allen Umständen im Ruhen lassen des denkenden Geistes und im Horchen auf die innere Stimme des Heiligen Geistes.

Der metaphysische Teil von NTI lehrt uns, dass Gott der Schöpfer des Himmels ist und mit der Welt überhaupt nichts zu tun hat. Das löst viele Probleme, denn als Christ müsste man sich ernsthaft fragen, wie Gott als Schöpfer der Welt all das Unglück, die Kriege, Hungersnöte, Umweltkatastrophen etc. zulassen könnte. Die Welt ist das Produkt unseres kollektiven Unbewussten. Die ganze Metaphysik, wie sie in NTI ausgebreitet wird, zu kennen, ist die eine Sache, aber daraus die Konsequenzen zu ziehen und mit dem Heiligen Geist in jeder Situation wahre Vergebung – das Nichturteilen – zu üben, ist dann die große Herausforderung. Dazu dienen die in den Text eingeflochtenen Gebete und Übungen.

Das Leben verläuft auf zwei Spuren: Das, was wir tun, damit unser Leben funktioniert und das, was wir darüber denken. NTI macht keine Vorgaben über das, was wir tun sollen und ist frei jeglichen Machtanspruchs. NTI beschäftigt sich nur mit unserem Denken, um uns aus unserer selbsterdachten Ego-Höhle ins Licht hinauszuführen. In diesem Sinne führt uns der Heilige Geist aus unserem Glauben an unsere vorübergehende menschliche Existenz zurück zu unserem ewigen, göttlichen Sein als reiner Geist im Himmelreich. Unsere Aufgabe ist wirklich nur die Vergebung. Das heißt, über die Fehler hinwegzusehen und die Berichtigung dem Heiligen Geist zu überlassen.

Schlussendlich greift jede Beschreibung von NTI zu kurz und es spielt auch keine Rolle, wie NTI den Weg zu uns gefunden hat. Denn gibt es nichts Besseres, als einen Probetext von NTI zu lesen, um einen ersten eigenen Eindruck zu gewinnen.

Die Rechte für die Deutsche Übersetzung von NTI wurden mir nicht gewährt. Deshalb habe ich nur diejenigen Teile ins Deutsche übertragen und hier frei zugänglich gemacht, wie das auch bei der Englischen Originalausgabe der Fall ist (siehe https://awakening-together.org/about-awakening-together/other-resources/nti/). Das sind immerhin rund 20 Prozent des gesamten Textes.

Die Einleitung gibt Einblick in die Entstehungsgeschichte von NTI und enthält Empfehlungen, wie NTI gelesen und studiert werden könnte:

Das Neue Testament der Bibel umfasst 27 Bücher und ebenso verhält es sich mit NTI. Das erste Buch ist das Matthäusevangelium. NTI Matthäus ist quasi der Einstieg in die Interpretation, holt uns in unserer Alltagserfahrung ab und führt uns sachte an die spirituellen Prinzipien heran, die sich von der traditionellen christlichen Lehre unterscheiden können. So wird beispielsweise der Begriff "Ego" erst im 21. Kapitel eingeführt:

Die Apostelgeschichte ist das 5. Buch im Neuen Testament. Beim Übersetzen habe ich erfahren, dass die NTI Apostelgeschichte eine viel höhere Schwingung aufweist als NTI Matthäus. Das mag daher rühren, dass drei große Teile übersprungen werden und wir uns auf der spirituellen Treppe schon weit höher befinden:

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